Mittwoch, 23. April 2008

Immer noch Pokhara

Bereits acht Tage sind wir nun in diesem Ort wo sich die geschaeftige Hektik Kathmandus ganz gut mit der gelockerten Atmosphaere, welche die unzaehligen Alt-Hippies offensichtlich hier erzeugen, vermischen. Unsere ruhige Unterkunft am See, etwas ausserhalb des Rummels, gibt uns den Raum ein paar Buecher zu lesen und die Seele baumeln zu lassen. Obwohl wir nach wenigen Tagen koerperlich wieder ausgeruht und erholt waren ist es anscheinend der Kopf der noch ein wenig mehr Zeit benoetigt um die Erlebnisse und Eindruecke zu bewaeltigen.

Unsere weiteren Plaene in Nepal sind noch nicht so klar. Wir bleiben sicher noch ein paar Tage hier haengen. Neuigkeiten lasse ich euch wissen...

Dienstag, 15. April 2008

25 Tage Annapurna Circuit und Annapurna Base Camp

Frueh geht es aus dem Bett und unser Guide, Shiva, wartet bereits an der Hotelrezeption als wir vom Fruehstueck gestaerkt im Empfangsbereich erscheinen. Im Taxi geht es durch Kathmandu. Die Stadt erwacht gerade und von der bald herrschenden Hektik ist noch nichts zu spueren. Wir halten noch schnell an einem Geldautomat. Danach fuer Mario noch eine Stirnlampe besorgt und es kann los gehen. Am Busbahnhof bietet sich uns ein aus Suedamerika bekannter Anblick. Viele mehr oder wenig fahrbereite Busse und viele Leute die geschaeftig hin- und herlaufen. Wir brauchen ueber eine Stunde um aus Kathmandu herauszukommen. Der Stopp an der Tankstelle erklaert sich fuer uns erst 10 Minuten spaeter als tatsaechlich der Bus betankt wird. Skeptisch schauen wir auf den mehrfach geflickten Schlauch zwischen Saeule und Zapfhahn. Die sechsstuendige Fahrt verlangt unseren Kniescheiben und dem Sitzfleisch eine Menge ab. Mitten auf der Strasse steht ein verunfallter Bus mit einer ziemlich zerbeulten Front. Kurz spaeter sehen wir einen ueber dem Abgrund haengenden LKW der mit Stahlseilen vor dem endgueltigen Abrutschen gesichert ist. Nur die Vorderachse befindet sich noch annaehrend auf der Strasse. Da sehr oft Leute auf den riesigen Ladeflaechen mitfahren moechte ich ueber das hier eventuell Geschehene nicht nachdenken. Am Nachmittag erreichen wir Beshisahar. Von hier wollen wir am naechsten Tag die Runde um die Annapurna beginnen.

Am Morgen lassen wir uns recht viel Zeit und sind so wahrscheinlich die Letzten die heute starten. Die anfaenglichen Tagesetappen sind recht kurz und wir erreichen die Teehaeuser jeweils am fruehen Nachmittag. Ich bin ganz froh darueber. Eine kleine Erkaeltung, die aber nach drei Tagen Wandern verschwunden ist, schraenkt mich zu Beginn etwas ein. Der Umfang des Treks ist uns Beiden am Anfang gar nicht recht bewusst und wir amuesieren uns einige Male ueber uns selbst. Das wir nun fuer mehr als drei Wochen im Himalaya unterwegs sein werden realisieren wir erst im Laufe der kommenden Tage.

Temperaturen ueber 30 Grad in der Sonne, und das vor 10:00 Uhr, sind die Strafe fuer uns Langschlaefer. Es geht vordernde Anstiege nach oben und quaelende Abstiege nach unten. Wir querren etliche Fluesse und kleine Schluchten auf weiten und in 20 Meter Hoehe haengenden Bruecken. Ihr Alter koennen die verrosteten Elemente nur schwer verbergen. Staendiger Begleiter sind die unzaehligen Eselkolonnen. Neben den Portern die einzige Moeglichkeit um die abgelegenen Siedlungen mit dem Noetigsten zu versorgen. Mit unseren 15 Kilo schweren Rucksaecken sehen wir neben manchem Porter wie Sonntagsspaziergaenger aus. Einfach unvorstellbare Lasten werden hier auf den Ruecken der Maenner transportiert. Viele laufen nur in Turnschuehen oder gar Flip-Flops. Manche Orte erscheinen wie Filmkulissen. In ihrer Einfachheit fast surreal. Wuerden nicht ueberall Coca Cola, Snickers & Co. erhaeltlich sein fuehlte man sich oft wie in eine fruehere Zeit versetzt. Am Stadtbrunnen, der oft nur aus einem Schlauch besteht der zu einer Quelle fuehrt, wird Geschirr abgewaschen, die Waesche erledigt oder Zaehne geputzt.

Bisher vom Wetter extrem verwoehnt faengt es zwei Stunden vor Manang zu schneien an. Voellig eingeschneit lehnen wir uns gegen den Wind und laufen weiter. Der harte und schnell gegangene Anstieg nach Upper Pisang steckt mir nun in den Knochen und ich bin froh als wir Manang endlich erreichen. Noch bevor wir im Teehaus verschwinden spricht uns Karin an ob wir an einer zahnaerztlichen Studie teilnehmen moechten. Wir sagen zwar zu, liegen aber wenige Minuten spaeter total erledigt in unseren Schlafsaecken und fuehlen uns nicht mehr in der Lage aufzustehen. Wir treffen Karin, Maleika (die Zahnaerztin) und Simone spaeter in Muktinath wieder. Spaeter laufen wir mit den Maedels den Trek gemeinsam. In Manang legen wir aber erstmal einen Ruhetag ein um uns zu akklimatisieren. Am Abend schauen wir uns bei ziemlicher Kaelte in einem kleinen Raum den Film "In eisigen Hoehen" an. John Krakauer's gleichnamiges Buch ueber eine Expedition am Mt. Everest mit katastrophalem Ausgang war die Vorlage.

Zwei Tage vor dem Thorong La Pass befaellt mich Appetitlosigkeit. Die Speisekarte, auf der ganzen Runde gibt es in jedem Teehaus die gleiche Auswahl, ist nach wenigen Tagen ausgereizt. Leichte Uebelkeit wird ein guter Freund von Appetitlosigkeit. Meine Mahlzeiten werden immer kleiner. Das Tibetische Brot, ein in Fett ausgebackener Fladen, zum Fruehstueck ist bereits die erste Herausforderung des Tages. Zu Mittag oder Abend reicht mir oft eine Suppe.

Im Highcamp, rund 600 Meter unterhalb des Passes, ist es extrem kalt. Wir haben die 400 Hoehenmeter zwischen Thorong Phedi und dem Camp in einer halben Stunde ueberwunden. Einhundert Meter leichter Anstieg trennen mich jetzt nur noch von den Baracken des Highcamps. Die Erschoepfung packt mich und ich brauche ganze 15 Minuten fuer diesen letzten Weg. Wir ziehen uns etwas dicker an aber es wird schwierig sich warm zu halten. Der Aufenthaltsraum bietet nur einen kleinen Ofen der aber komplett von einer Gruppe Israelis in Anspruch genommen wird. Mario und ich setzen uns in einem kleinen Raum auf alte Matrazen und schauen mit ein paar Portern und Kindern eine Weile indische Filme im Fernsehen. Nicht das wir irgendetwas verstehen wuerden, aber es ist hier viel waermer als in unserem Zimmer. Dort herrscht beinah Aussentemperatur. Aber auch hier kuehlen wir schnell aus und versuchen uns mit der naechsten heissen Zitrone etwas aufzuwaermen. Nachdem alles nichts hilft zerren wir die Daunenjacken aus den Rucksaecken und steigen auch noch die knapp 80 Meter zum Aussichtspunkt oberhalb des Camps auf. Oben angekommen ist uns nun ordentlich war. Der Ausblick ist herrlich. Wir ueberblicken das Tal durch das wir heute hergekommen sind. Der Wind ist trotzdem eisig und nach ein paar Fotos verschwinden wir wieder. Wir sind keine fuenf Minuten zurueck als es sich endgueltig zusammenzieht und zu schneien beginnt. Socken, Shirt & Hose werden im Schlafsack untergebracht. Unser Atem kondensiert im Zimmer und kalte Sachen am naechsten Morgen sind nicht gerade hilfreich. Ich wache gegen Mitternacht mit heftigen Kopfschmerzen in der Stirn auf. Vor Kaelte und Erschoepfung zitternd nehme ich eine Aspirin. Die bisher geschlafenen vier Stunden werden wohl fuer die heutige Etappe reichen muessen da ich keinen Schlaf mehr finde.

Heute ist der 1. April und der Wecker klingelt um 5:00 Uhr. Zum Fruehstueck quaele ich mir die Haelfte des schlimmsten Apfelkuchens auf der ganze Runde runter. Mehr geht beim besten Willen nicht. Es sind minus zehn Grad und wir beginnen weiter zu steigen. Es geht durch frischen kniehohen Schnee. Langsam geht die Sonne ueber den Gipfelgraten auf. Ein unbeschreibliches Gefuehl der Zufriedenheit, der Ruhe und Freude ergreift mich. Ein lang gehegter Traum geht endlich in Erfuellung. Deshalb bin ich hier. Jeder kraeftezehrende Anstieg hat sich mehr als gelohnt. Zweieinhalb Stunden spaeter stehen wir auf 5.416 Metern und fallen uns in die Arme.

Ein deutsches von Durchfall geplagtes Paar laesst sich von ein paar Yaks den Pass hinaufschleppen. Von den Aerztinnen erfahren wir spaeter, dass der Pass nicht ungefaehrlich ist. Jedes Jahr sterben hier unvorsichtige Menschen die auf die Signale ihres Koerpers einfach nicht hoeren wollen. Letzten Oktober sind nacheinander drei junge Franzosen an der Hoehenkrankheit gestorben. Auch wir haben die Tage zuvor in Manang den Rettungshubschrauber gehoert. Zugegebenermassen werden solche negative Nachrichten gern ausgeblendet.

Den haertesten Abschnitt des Tages haben wir aber ungeahnter Weise noch vor uns - den Abstieg. Erfahrungsgemaess wissen wir, das ein Abstieg oftmals anstrengender ist als der Weg nach oben. Es ist eine ungeheure Belastung fuer die Knie und der Rucksack drueckt einen foermlich zu Boden. Der schmale Weg ist rutschig, vereist und durch die vorherigen Gruppen schon recht ausgetreten. Drei Stunden brauchen wir bis wir Muktinath, die bekannte Pilgerstadt, erreichen.

Am naechsten Tag auf dem Weg nach Kagbeni muss ich mich wirklich alle paar Meter umdrehen um den unbeschreiblichen Anblick immer wieder in mich aufzunehmen. Ich moechte es mir in's Hirn brennen. Der Weg zum Pass hinauf sieht unglaublich aus. Den Himalaja zu ueberqueren ist wirklich ein bewegendes Erlebnis.

Seit gestern haben wir mit ziemlich starken Gegenwinden zu kaempfen die auch noch die naechsten Tage bis nach Jomson anhalten werden. Dafuer ist die Region bekannt. Langsam veraendert sich die Vegetation wieder und es wird gruen. Im malerischen Marpha sehen wir bereits die ersten bluehenden Kirsch und Apfelbaeume. Die Orangenbaueme tragen schon die ersten Fruechte. Hier treffen wir Karin, Maleika & Simone wieder. Von hier laufen wir mit den Dreien die naechsten Tage mehr oder weniger gemeinsam. Da wir schneller unterwegs sind sieht man sich zu den Mahlzeiten und sitzt am Abend gemuetlich zusammen. Wir lernen auch Volker kennen, der seit 4 Monaten auf dem Landweg (Tuerkei, Pakistan, Iran) unterwegs nach Asien ist. Er hat die Annapurna Runde bereits vor 20 Jahren gemacht und es war spannend sich mit ihm zu unterhalten.

In Tatopani legen wir endlich einen Rasttag ein. Die heissen Quellen lassen uns gar keine andere Wahl. Die kuehle Luft und das heisse Wasser sind eine herrliche Wohltat fuer unsere strapazierten Muskeln.

Wir sind auf dem Weg nach Chomrung. Einen einstuendigen Abstieg haben wir gerade hinter uns. Wir rasten 30 Minuten an einem Fluss. Am Himmel stehen bedrohlich die ersten Gewitterwolken und es zieht sich immer dichter zusammen. Wir wollen auf die Maedels warten um den Abstand nicht zu gross werden zu lassen. Ausgeruht geht es nun auf der anderen Talseite wieder steil bergauf. Wir zerren unsere Regenjacken heraus und packen die Rucksaecke in die Regenhuellen. Nach ein paar Tropfen hoert es aber schon wieder auf und ich ziehe meine Jacke auch gleich wieder aus. Die hohe Luftfeuchte versetzt mich in eine gefuehlte Saunalandschaft mit frischem Aufguss. Nur kurz darauf setzt aber schliesslich ein ordentlicher Landregen ein. Ein paar Augenblicke spaeter befinden wir uns in einem kleinen Teehaus am Rand der Schlucht. Hagel faellt ohrenbetaeubend trommelnd auf das Wellblechdach. Karin hat es nach wenigen Minuten auch bis zu unserem Unterschlupf geschafft. Die anderen zwei Maedels sind irgendwo da draussen. Der Regen laesst etwas nach und Mario entschliesst sich den beiden entgegenzulaufen. Er ist noch nicht weit da sehen wir sie um die Ecke kommen. Wir koennten noch eine Stunde weiterlaufen und waeren in Chomrung. Shiva empfiehlt uns hier zu bleiben. Wir entscheiden uns genau richtig und sitzen Minuten spaeter in der Kueche. Das nette Ehepaar mit seinen Kindern und die gemuetliche Umgebung strahlen eine herzliche Atmosphaere aus. Mit ein paar Runden Kniffel vertreiben wir uns die Zeit bis zum Essen. Die Frau kocht fantastisch, es schmeckt allen. Die Zimmer sind sehr einfach. Die Toilette ein Ort auf dem man nicht laenger als irgendwie noetig verweilen moechte. Nachdem ich die Dusche, die aus einem durch das Fenster in diese dunkle Zelle gehaengten Gartenschlauch und daran ein mit Klebeband laienhaft befestigten Gieskannenkopf besteht, in's Auge fasse scheitere ich schlicht und einfach am noetigen Wasser. Mit einem Grinsen schliesse ich die Tuer und denk' mir "Na, dann halt nicht". Am folgenden Morgen findet man uns mit einer Tasse Kaffee zufrieden am Rand des Abhangs sitzend. Die alten Matten laden so richtig zum Beine langmachen ein wir strecken der der bereits warmen Morgensonne die Gesichter entgegen. Als wir gegen halb 10 aufbrechen sind die Maedels schon wieder 1,5 Stunden unterwegs.

Es ist der 10. April. Die mehrmals verschobenen und mit Spannung erwarteten Wahlen sind voll im Gange. Sie sollen mit einer deutlichen Mehrheit fuer die Maoisten ausgehen. Ob dieser Sieg auch ein Sieg fuer Nepal ist moechte ich nicht beurteilen. Die Versprechen der Maoisten aus Nepal in 20 Jahren ein Land wie die Schweiz zu machen halte ich fuer sehr uebertrieben. Dafuer muessten sie zuerst auch mindestens 20 Jahre an der Macht sein. Aber selbst dann habe ich ernsthafte Zweifel an dieser Aussage.

In Chomrung verabschieden wir uns von Karin. Maleika und Simone wollen uns noch bis zum Annapurna Base Camp begleiten. In der groessten Mittagshitze steigen wir die unzaehligen Treppen (spaeter auf dem Rueckweg werde ich sie doch zaehlen) hinab um einen Fluss zu querren und auf der anderen Seite den anstrengenden Anstieg nach Sinuwa anzugehen. Vor ein paar Tagen waren wir bereits wieder deutlich unter 2.000 Metern und nun soll es zum Annapurna Base Camp wieder bis auf 4.130 Meter hinauf gehen. Der Blick von Chomrung auf den Weg und in das vor uns liegende Tal mit dem dominierenden Machapuchare laesst mich die naechsten Tage mit Spannung erwarten. An diesem Tag kommen wir noch bis Bamboo. Lange Zeit laufen wir durch den schattenspendenden Wald am Rand des Hangs. Immer wieder geht es viele Meter auf und ab. Die vielen Steine und Wurzeln verlangen Konzentration und ich bin ziemlich erledigt als wir unser heutiges Ziel erreichen. Mittlerweile sind meine Fusssohlen mit mehreren wundgelaufenen Druckstellen gekennzeichnet und die Fersen sind aufgescheuert. Es regnet ordentlich und wir bekommen kaum unsere durchgeschwitzten Sachen getrocknet. Dafuer wartet die erste richtig heisse Dusche seit Tagen auf uns. Ich koste es eine halbe Stunde lang aus und fuehle mich anschliessend auch etwas geloester.

Am naechsten Morgen, es ist recht frueh, sind wir bereits seit 40 Minuten unterwegs als wir nach ein paar kleineren Klettereinlagen entlang des rutschigen Fluessufers direkt am Wasser stehen. Die Guides anderer Gruppen stehen etwas ratlos herum und ueberlegen wie sie an dieser Stelle den nicht zu ueberwindenden Fluss querren sollen.
Um der Gefahr von Lawinen auf der anderen Seite aus dem Weg zu gehen hatten sie diesen gewaehlt. Es hilft nichts, im Eilschritt geht es zurueck. Nun, auf der gefaehrdeten Seite, machen wir Tempo. Das Gebiet ist bis halb zehn recht sicher. Ohne Zwischenfaelle erreichen wir im Regen Daurali. Morgen sind wir im Basecamp. Die schnell sinkende Temperatur bestimmt erneut unseren Tagesrhythmus und nach ein paar heissen Tees und dem Abendbrot bleibt nichts ausser in den Schlafsack zu verschwinden.

Im Machapuchare Base Camp gibt es gegen 11:00 Uhr ein recht fruehes Mittag. Wir sind umgeben von scheinbar endlos viel Schnee. Eine riesige Wolkenwand presst sich durch das Tal das auch unser Weg war. Der Machapuchare mit seiner eisverkrusteten Steilwand ragt links von mir steil in den Himmel. Unser Weg ist voellig zugezogen als wir uns aufmachen um die letzten 300 Hoehenmeter anzugehen. Nicht allzuweit entfernt kann ich bald das Camp sehen. Auch wenn wir wieder weit unter der fuer diesen Abschnitt angegebenen Zeit geblieben sind. Es dauert trotzdem laenger als ich vermutet haette. Die wenigen Barracken sind bereits bei unserer Ankunft maechtig eingeschneit. Der nun einsetzende erneute Schneefall soll die ganze Landschaft in den naechsten Stunden in eine traumhafte Winterlandschaft mit einer atemberaubenden Kulisse verwandeln. Annapurna South und der Machapuchare zeigen sich zum Sonnenuntergang in einem fantastischen Licht. Wir haben Glueck, wie uns ein Nepalese wissen laesst. Ueblicherweise bleibt die Sicht schlecht wenn es sich einmal zuzieht. Mit ein paar sehr guten Fotos und beinah erfrorenen Fingern geht es aber schnell zurueck in die Unterkunft.

5:30. In 20 Minuten geht die Sonne auf. In Daunenjacke und mit Kamera und Stativ ausgestattet stehe ich im Morgengrauen. Als es anfaengt weiss ich nicht wohin ich zuerst blicken soll. Riesige Schneefahnen wehen ueber die Gipfelgrate und verleihen diesen einen zart rot schimmernden Rand. Der Annapurna South erstrahlt in einem frischem Orange. Hat sich auch dieser Weg gelohnt? Aber sicher! Sprachlos stehe ich da. Drehe mich immer wieder im Kreis um jeden Winkel von diesem Kessel genau zu betrachten. Eingschlossen in dieses Bergmassiv komme ich mir klein wie ein Insekt vor. Allein die Kaelte treibt mich zurueck um eine Kleinigkeit zu essen. Wir sollen den laengsten Tag vor uns haben.

Eine russisch-amerikanische Expedition ist schon seit vier Wochen im Camp um sich zu aklimatisieren. Ziel ist der 7.219 Meter hohe Gipfel des Annapurna South. Kurz bevor wir aufbrechen erscheinen zwei Russen im Gemeinschaftsraum. Der Ausdruck von Langeweile ist ihnen auch zu dieser fruehen Stunde bereits in ihre Gesichter gemeiselt. Dem bereits von den neuen zum Camp aufsteigenden Gruppen ausgetretenen Pfad folgend beginnen wir unseren rutschigen Rueckweg. Es faellt wirklich schwer diese Kulisse zu verlassen. Die Temperatur steigt unglaublich schnell. Keine halbe Stunde nach dem Aufbruch habe ich alle waermenden Schichten wieder im Rucksack verstaut und laufe so recht befreit durch die herrlich unberuehrte Schneelandschaft.
Im fruehen Morgenlicht liegt das Tal in einem unglaublich schoenen Licht. Die Stimmung veranlasst mich immer wieder anzuhalten und mich umzuschauen. Nur langsam kann ich Abschied von den herrlichen Gipfeln der Annapurna Range nehmen. Wir erreichen Sinuwa gegen 17:00 Uhr. Mittlerweile gute zwoelf Stunden auf den Beinen liegen nun noch ein knackiger Abstieg und ein abschreckender Aufstieg nach Chomrung vor uns. Ein Bein vor das andere setzend versuche ich seit einer viertel Stunde schnaufend die Stufen zu zaehlen und den Abstand zwischen mir und dem Teehaus zu verringern. Obwohl es in den Abendstunden wesentlich angenehmer ist und die Sonne auch nicht wie zum Abstieg auf die Treppen scheint schwitze ich mir scheinbar zum x-ten Mal jeden Tropfen aus meinem Koerper. Es gab genug Tage an denen ich mein Shirt mehrmals komplett durchgeweicht zum trocknen aufgehangen habe. Heute sind endgueltig alle Klamotten aufgebraucht und auch nicht mehr zu trocknen, mir bleibt noch ein trockenes Oberteil fuer den Abend. 40 Minuten und 2.270 Stufen spaeter erreichen wir nach 6,5 Stunden wandern unser heutiges Ziel. Auf dem Hinweg brauchten wir fuer diesen Weg 3 ganze Tage! Verrueckterweise waeren Mario und ich gern auch noch den letzten Abstieg bis nach Jinu gegangen. Nach nur einer kurzen Rast verfuegten wir beide noch ueber genuegend Reserven. Allein der Sekunden nach unserer Ankunft heftig einsetzende Regen haelt uns hier oben.

wird immer noch fortgesetzt...

Namaste aus Pokhara

Ich weiss noch nicht so recht wie ich meine Eindruecke formulieren soll. 25 Tage im Himalaya sind wahrscheinlich nicht leicht in Worten wiederzugeben. Viele Momente haben sich fuer immer in mein Gedaechtnis gebrannt. Trotzdem brauche ich wohl noch etwas Zeit bis sich das Erlebte gesetzt hat und ich darueber berichten kann. Der Gleichklang der Tage verwandelt alles in kleine Rituale. Aufstehen, Fruehstuecken, Rucksack packen und danach nur noch laufen. Mit den vergehenden Tagen fuehle ich mich immer mehr in einen meditativen Zustand versetzt. Obwohl wir zu Dritt laufen haengt tagsueber jeder seinen eigenen Gedanken nach und hat dafuer mehr als reichlich Zeit. Der Koerper funktioniert wie ein eingespielter Mechanismus und traegt einen durch die Landschaft. Und die ist einfach nur unbeschreiblich schoen. Viele Siedlungen erinnern auf ihre primitive Art an das Mittelalter in Europa. Auch heute gibt es noch nicht ueberall Strom, den aber die geplante Strasse sicher bald mit sich bringt. Die hygienischen Bedingungen sind fuer viele wahrscheinlich unvorstellbar. Aber alles zusammen macht dieses unglaubliche Erlebnis "Annapurna" aus. Unser Guide, Shiva, war einfach ein klasse Weggefaehrte und ist uns ein guter Freund geworden.

Ich war sicher nicht das letzte Mal in Nepal.

PS: Fotos wird es wahrscheinlich erst in Deutschland zu sehen geben. Die Verbindung ist einfach zu schlecht und wir braeuchten Tage um Euch ein paar Bilder bieten zu koennen. So gibt es wenigstens noch etwas mit Spannung zu erwarten. Und es lohnt sich, das kann ich garantieren.