Mittwoch, 7. November 2007

Salar de Uyuni

Es ist halb elf und wir stehen seit einer halben Stunde vor dem Büro der Agentur. Eigentlich sollte es jeden Moment losgehen. Der Jeep ist weit und breit nicht zu sehen, der Mitarbeiter klärt uns auf, das an der Tankstelle wohl Hochbetrieb herrschen muss. Warum der Jeep erst am Tag der Abfahrt aufgetankt werden muss bleibt mir auch nach der Erklärung schleierhaft. Die Leute machen das ja nicht zum ersten Mal, denke ich mir, und entspanne mich wieder. Ausserdem warten wir ja auch noch auf ein paar andere Teilnehmer, die direkt aus La Paz kommen. Da wären zum einen Ilse und Klaus aus Frankfurt (Main) und Gisela & David aus Spanien. Wir kommen alle schnell ins Gespräch und verstehen uns auf Anhieb sehr gut.

Unser Gepäck ist verstaut und wir verlassen Uyuni. Nach einigen Minuten Fahrt erreichen wir auch schon den alten Eisenbahnfriedhof in der Nähe, unser erster Stopp. Diese alten Giganten rosten in der Öde dahin und werden es wahrscheinlich auch noch Jahrzehnte tun, allein schon für die vielen Touristen. Viel Zeit um gute Fotos machen zu können bleibt nicht. Unser Fahrer, Christobal, ruft uns noch "trenta minutos" hinterher während ich im Gehen bereits den Objektivdeckel ab und dafür einen Filter draufschraube.

Weiter gehts zu dem kleinen Ort Colchani, wo wir etwas über den Salzabbau erfahren könnten, wenn wir nicht schon wieder mit Fotografieren beschäftigt wären. Wieder gehts rein in den Jeep und ein paar Minuten später auch schon wieder raus um auf die ersten Salzberge zu blicken. Aber viel mehr fasziniert mich diese anscheinende Endlosigkeit die sich am Horizont andeutet. Es bleibt keine Zeit um die ersten Eindrücke zu verarbeiten, Christobal drückt schon auf die Hupe. Wie sich in den folgenden Tagen herausstellen wird ist sie ein bequemes Instrument um berauschte Touristen wieder zur Vernunft zu bringen. Wir preschen weiter und stoppen am Hotel de Sal, mitten auf dem Salar. Aus ökologischen Gründen wurde das Hotel eingestellt. Da unsere junge Köchin, Maria, hier das Mittag für uns zubereitet bleibt auch Zeit ein kühles Bier zu geniessen.

Wir fahren ein paar Stunden weiter und erreichen gegen 16:00 die Isla de Incahuasi. Die mit bis zu zwölf Meter hohen und 1.200 Jahre alten Kakteen bedeckte Insel ist ein kleines Paradies inmitten dieses blendenden Weiss des Salars. Eine Stunde bleibt uns um den Ort zu geniessen. Selten erschienen mir 60 Minuten derartig kurz. Ich haste über die Insel, suche gute Motive, wechsel Objektive und Filter und habe eigentlich keine Zeit den fantastischen Ort zu geniessen. Ich sehe die Anderen bereits zurücklaufen als auch ich die endgültige Hupe ertönen höre. Verdammt! Aber wir müssen uns beeilen, denn Christobal möchte uns zum Sonnenuntergang noch etwas weiter südwestlich auf dem Salar absetzen. Hier haben wir endlich einmal genug Zeit um diese grossartige Landschaft zu geniessen. Es herrscht absolute Stille. Kein einziges Geräusch dringt zu uns durch. Fantastisch!

Die Sonne ist untergegangen und innerhalb von 10 Minuten fällt die Temperatur um 10 Grad. Es wird sofort kalt. Die Nacht verbringen wir in einem Salzhotel am Rand des Salars in der Nähe von Chuvica.

Am folgenden Tag erreichen wir San Juan de Rosario. In dem kleinen Ort gibt es in einem Museum eine Mumie zu besichtigen. Ich verliere hier aber das Okular meiner Kamera und verbringe die meiste Zeit mit der Suche danach. Wenigstens war ich erfolgreich. Wenige Minuten später erreichen wir einen alten Friedhof, Necropolis, aus Vor-Inka-Zeiten. Die Gebeine liegen in grösseren ausgehölten Korallenformationen. Einige auch einfach auf dem Boden. Nach zehn Minuten geht es aber auch schon wieder weiter und wir halten an einem Aussichtspunkt auf den aktiven Vulkan Ollagüe, auf dessen Spitze ständig eine Rauchfahne weht.

Obwohl die Agentur uns 2 Liter Wasser pro Person am Tag zugesichert hat ist davon weit und breit nichts zu sehen. Auch Christobal verneint unsere Frage danach. Nachdem wir gestern unser letztes eigenes Wasser verbraucht haben ist es heute in der Höhe und bei der Wärme recht anstrengend. Zum Glück haben Ilse und Klaus etwas Wasser für uns. Eine mir unbegreifliche Fahrlässigkeit der Agentur!

Nach 30 Minuten hetzen wir weiter. Wir besuchen die Laguna Canapa, ein von farbenprächtigen Bergen eingerahmter Ort, an der wir die ersten Flamingos des Tages beobachten können. Während Maria unser Essen zubereitet sind wir ziemlich beschäftigt diese Landschaft zu geniessen und das ganze irgendwie in die Kamera zu zwingen. Wäre ich nicht so hunrig würde ich die Rufe der Anderen, an den Mittagstisch zu kommen, einfach ignorieren. Es ist atemberaubend schön hier!

Es folgen die beiden Lagunen Hedionda und Chiarcota. Beide bieten noch mehr Flamingos und weitere wunderbare Ausblicke. Die Fahrt geht durch eine endlos scheinende Mondlandschaft weiter. Immer wieder bin ich völlig fasziniert von den farbenprächtigen Berghängen. Und es ist nur Gestein, das letzte Grün liegt mehr als zwei Tage hinter mir. Als wir Arbol de Piedre erreichen kann ich meine Begeisterungsfähigkeit sogar noch etwas weiter steigern. Der "steinerne Baum" sieht einfach unglaublich aus und das Licht ist geradezu perfekt.

Wir haben etwas gebummelt und die Zeit wird knapp um zum Sonnenuntergang die Laguna Colorada zu erreichen. Plötzlich bleibt unser Jeep stehen. Alles klar, ich ahne es, ein Blick auf die Tankanzeige bestätigt meine Vermutung. Anstatt die letzte Pause zum Betanken zu nutzen stehen wir jetzt da und Klaus hilft Christobal. An der Lagune erhaschen wir die letzten Augenblicke des Sonnenuntergangs und es wird wieder einmal sofort eiskalt. Die erste Herberge ist bereits komplett belegt und wir fahren noch einmal 30 Minuten weiter um unser Lager auf 4.370 Höhenmetern zu beziehen.

Um 4:30 heisst es Aufstehen. Auf uns wartet die gut eine Stunde Fahrtzeit entfernt gelegene "Sol de Mañana", ca. 90 Grad heisse Geysire. Hier kann man ohne Wegen folgen zu müssen oder von Absperrungen behindert über das Terrain laufen. Nicht ganz ungefährlich, wenn man bedenkt wie unstabil solch eine Gegend ist. Aber wir sind ja in Bolivien. Obwohl es bitter kalt ist, meine Handschuhe habe ich leider im grossen Rucksack vergessen, und es bis zum Himmel nach verfaulten Eiern stinkt ist auch dieser Ort faszinierend. Die Sonne bricht durch die Dunstschwaden. Vereinzelt kann man andere Personen ausmachen, die dann gleich wieder zu verschwinden scheinen. Eine ganz tolle Stimmung. Wenn uns Christobal nicht zur Weiterfahrt bewegen würde wäre ich es der spätestens jetzt darauf drängen würde. Es ist mittlerweile 6:00, ich habe genug von der stinkenden Luft inhaliert und mein Hungergefühl lässt sich nicht mehr ignorieren.

An einer weiteren Lagune lässt die Sonne riesige Mengen Feuchtigkeit verdunsten und die zusammen mit den Nebelschwaden bilden sich herrliche Anblicke. Wir lassen uns den von Maria gebackenen Kuchen und einen warmen Tee zum Frühstück schmecken. Ein absolutes Highlight wartet leider bis zum Schluss auf uns und wir können es nur 10 Minuten geniessen, die Laguna Verde. Sie befindet sich direkt am Fuss des Vulkans Lincancabur und wartet mit einem strahlend weissen Ufer und leuchtend grünem Wasser auf. Erneut bin ich sprachlos. Mache wie in Trance ein paar Panorama-Aufnahmen. Geniessen kann ich den Anblick in der kurzen Zeit leider nicht. Wir müssen gegen 10:00 den Bus an der Grenze erwischen.

Schaffen wir auch. Wir verabschieden uns von Christobal und Maria. Von Mario muss ich mich ebenso verabschieden. Und das an seinem Geburtstag! Da er noch in Bolivien bleiben möchte fährt er nach Uyuni zurück während ich in den Bus steige der mich nach Chile bringt. Ein komisches Gefühl, den langjährigen Freund und nun auch mehrmonatigen Reisegefährten durch eine Scheibe getrennt in der staubigen Pampa stehen zu lassen. Zu wissen, dass man sich wohl erst in 5 Wochen wieder sehen wird, erzeugt ein komisches Gefühl in der Magengegend. Aber es ist auch aufregend. Wir albern noch etwas herum. Ich versuche etwas von den Erklärungen des Busfahrers zur Einreise nach Chile mitzubekommen, drehe mich noch einmal nach Mario um aber er ist schon weg. Kommt man allein zurecht? Wird es langweilig? Ich werde es erleben!

Die Einreisebedingungen für Chile sind recht streng. Auf Anraten des Busfahrers werden Tüten voller Coca-Blätter entsorgt und es fliegen die Marihuana-Tüten während der Fahrt aus dem Bus. An der Grenzstation wird jeder Rucksack geöffnet und grob durchgeschaut. Kurz darauf steige ich in San Pedro de Atacama aus dem Bus. Bin in Chile angekommen.

Salar de Uyuni

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